N°23 – Rechtschreibung
“Die Rechtschreibung hat einen grossen Einfluss darauf, wie gut die Schulkarriere oder auch die berufliche Karriere läuft.“
Silvana Flütsch Keravec
In der 23. Folge des Podcasts «Bildungsreise» reist Damian nach Fribourg, um mit Silvana Flütsch Keravec zu sprechen. Sie ist Logopädin, Dozentin an der Universität Fribourg und verbindet seit vielen Jahren schulische Praxis mit wissenschaftlicher Forschung. Gemeinsam diskutieren sie die Bedeutung der Rechtschreibung sowie Herausforderungen und Chancen im Umgang mit Lese-Rechtschreibstörungen (LRS).
Ausgangspunkt sind aktuelle Schlagzeilen zu sinkenden Deutschleistungen. Silvana ordnet ein: Von einem «Sturzflug» könne man nicht sprechen, doch die Daten zeigen tendenziell einen Abwärtstrend. Zwar erreichen 84% der Schülerinnen und Schüler die Grundkompetenzen in der Orthografie, doch ein relevanter Anteil benötigt gezielte Unterstützung.
Warum ist Rechtschreibung so wichtig? Silvana fasst es in drei Gedanken zusammen: Erstens, wer korrekt schreibt, wird besser verstanden. Zweitens, wer flüssig schreibt, und dazu gehört auch die Rechtschreibung, hat den Kopf frei für Ideen. Und das bedeutet: Wer seine Gedanken verständlich formulieren kann, wird gehört. Rechtschreibung beeinflusst also, wie Kinder wahrgenommen werden – auch in anderen Fächern. Als drittes stärkt die Rechtschreibung zudem die Lesekompetenz, weil man effizienter liest, wenn man die Wortformen sofort erkennt. So hat Rechtschreibung insgesamt einen grossen Einfluss auf die Bildungschancen.
Kinderstimmen in der Folge zeigen eindrücklich, dass Rechtschreibung als herausfordernd, aber wichtig für die Zukunft erlebt wird.
Ein Schwerpunkt liegt auf dem Unterricht: Schreiben braucht Zeit, Routine und Training. Lautgetreues Schreiben bildet die Grundlage – Laute bewusst wahrnehmen und in Buchstaben übertragen. Orthografische Regeln folgen schrittweise, begleitet von gezieltem Üben. Silvana vergleicht es mit dem Klavierspielen: Wer gut werden will, muss über Jahre regelmässig trainieren.
Auch die Rolle neuer Technologien – von Autokorrektur über KI-Tools bis zu Spracherkennung – wird diskutiert. Silvana sieht grosse Chancen, besonders für Kinder mit LRS. Digitale Hilfen ersetzen Grundkompetenzen jedoch nicht, sondern brauchen einen reflektierten Einsatz.
Im letzten Teil geht es um Lese-Rechtschreibstörung (LRS), auch Legasthenie oder Dyslexie genannt: eine neurologische Entwicklungsstörung, die trotz Förderung zu anhaltenden Schwierigkeiten im Lesen und Schreiben führt. Erste Warnzeichen können bereits im Kindergarten sichtbar werden – etwa bei der phonologischen Bewusstheit (Reimen, Silben, Laute). Unterstützung durch Logopädie und schulische Heilpädagogik sollte früh und gut koordiniert eingesetzt werden.
Eine erkenntnisreiche Folge, die zeigt, warum Rechtschreibung weit mehr ist als Regelwissen – sie eröffnet Wege zu Bildung und Beteiligung. Eine Reise für alle, die Kinder auf ihrem Lebensweg begleiten.
Silvana Flütsch Keravec
Logopädin und Dozentin an der Universität Fribourg